Mängel bei Governance-Systemen in Kommunen

Autor: Daniel

Governance-Systeme (Instrumente zur Unternehmensführung) und deren Einsatz in Institutionen der öffentlichen Hand weisen Mängel auf. Zu diesem Schluss kommt die Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft PricewaterhouseCoopers (PwC). Gemeinsam mit dem Lehrstuhl für Allgemeine Betriebswirtschaftslehre der Universität Paderborn hat sie in einer Studie einen Überblick über Reifegrad und Bedeutung von Governance-Systemen in Institutionen des öffentlichen Sektors gegeben.

Ähnlich den Unternehmen aus der Privatwirtschaft stehen Organisationen und Institutionen des öffentlichen Sektors zunehmenden Anforderungen und Regelungen gegenüber. Der Herausforderung, diese Anforderung einzuhalten und zugleich die aktuelle Rechtsprechung zu berücksichtigen, stehen auch die jeweiligen Entscheidungsträger und Aufsichtsorgane gegenüber.

Governance-Systeme im öffentlichen Sektor sind in Deutschland noch nicht überall im Einsatz. „Das Spektrum reicht von der rudimentären Einführung einzelner Systeme bis hin zu integrierten Systemen, die sich unterschiedliche Bestandteile wie etwa den Risikoerhebungsprozess oder ein formalisiertes Berichtswesen teilen“, so die Macher der Studie.

Um herauszufinden, wie stark die Unterschiede zwischen den Institutionen und Organisationen der öffentlichen Hand tatsächlich sind, haben PwC und die Universität Paderborn 64 Institutionen unterschiedlicher Größe aus verschiedenen Bereichen befragt.
Zu den Befragten gehören 30 % Ver- oder Entsorger, 25 % Kernverwaltungen und 14 % öffentliche Einrichtungen sowie Hochschulen. Zudem wurden Kliniken, Unternehmen im ÖPNV, Wohnungsunternehmen, Stiftungen und Vereine in der Studie miteinbezogen.

Bei den Befragten handelt es sich vorwiegend um mittelgroße bis große Institutionen mit einer Beschäftigtenzahl von 50 bis 5.000 Mitarbeitern und einem Etat bzw. Umsatz von 10 bis 999 Millionen Euro im Jahr 2018.

Jede 5. Institution ohne eigenes Governance-System

Die Studie kam zum Ergebnis, dass 20 % der Institutionen keine Governance-Systeme zur Führung ihres Unternehmens verwenden. Jede 5. Institution verzichtet auf wichtige unterstützende Systeme wie ein Internes Kontrollsystem (IKS), Risikomanagementsystem (RMS), Compliance-Managementsystem (CMS) oder ein Internes Revisionssystem (IRS).

Compliance Management System (CRM):

Alle eingerichteten Maßnahmen, Strukturen und Prozesse in einer Organisation, die dazu dienen Regelkonformität herzustellen, welche auch rechtsverbindliche sowie ethische Regeln beinhalten können.

Internes Kontrollsystem (IKS):
Das methodische Steuern und Kontrollieren innerhalb des Unternehmens, um Richtlinien einzuhalten. Es dient außerdem der Abwehr von Schäden durch das eigene Personal oder Dritte.

Risikomanagementsystem (RMS):
Die Gesamtheit aller Maßnahmen zur Erkennung, Analyse, Überwachung und Steuerung von Unternehmensrisiken.

Internes Revisionssystem (IRS):
Dient der vom Tagesgeschäft unabhängigen, objektiven Prüfungs- und Beratungsaktivitäten in Institutionen und Organisationen, um die Prozesse zu verbessern. Dies umfasst auch die Optimierung der oben genannten Systeme.

Um interne und externe Anforderungen zu jedem Zeitpunkt zu unterstützen, schaffen die Systeme eine Umgebung, sodass geltende Vorschriften und Gesetze eingehalten werden.
Laut PwC müssen Unternehmen und Institutionen ihre Governance-Systeme verbessern, um den komplexen Anforderungen mit einem notwendigen Maß an Sicherheit und Risiken gegenüberzutreten. Nicht zuletzt drohen sonst Reputationsverluste, Geldbußen oder auch strafrechtliche Konsequenzen.

Trotz Wissen fehlendes Handeln auf Führungsebene

Marco Galioto, Experte für Governance-Systeme im öffentlichen Sektor und Studienverantwortlicher, bewertet es als positiv, dass über 90 % der Teilnehmer die Relevanz von Governance-Systemen erkannt haben und sie als wichtig erachten, vor allem um ihre Sorgfaltspflicht zu erfüllen und Geschäftsrisiken zu reduzieren.
Bedenklich ist dahingehend, dass 20 % aller Organisationen kein eigenes Governance-System implementiert haben. „Auf Leitungsebene und in den Aufsichtsorganen muss das Thema dringend höher priorisiert werden“, sagt Marco Galioto. „Ansonsten besteht die Gefahr, dass Schwachstellen Störfälle verursachen, die wiederum zu Schäden für die Institution führen und persönliche Konsequenzen für die Verantwortlichen haben.“

Optimierungsbedarf bei Systemintegration

Um eine bestmögliche Risikotransparenz und zielgerichtete Maßnahmen zu definieren, ist das Zusammenspiel aller Teilsysteme die Grundvoraussetzung für eine optimale Systemnutzung. Nur so kann die Anwendung ihre Synergiepotenziale umfassend ausschöpfen und einen Zusatznutzen generieren. „Hierfür müssen die Institutionen die Systemabläufe, Prozesse und Methoden vereinheitlichen und aufeinander abstimmen“, so Prof. Dr. René Fahr, mitverantwortlicher Studienautor und Inhaber des Lehrstuhls Betriebswirtschaft an der Universität Paderborn.

Auffallend ist, dass nur 4 % der Institutionen ihren eigenen Systemen eine sehr gute Verlinkung attestieren. Immerhin noch 47 % sprechen von einer „guten“ Verlinkung. „Daraus lässt sich schließen, dass knapp die Hälfte aller Befragten nicht das volle Potenzial ihrer Governance-Systeme nutzen oder viele Systeme nicht richtig funktionieren beziehungsweise ineffizient ausgestaltet sind“, so Prof. Dr. Fahr.

Um diesen Zustand zu verbessern, müsste die Interne Revision die anderen drei Governance-Systeme IKS, RMS und das CMS wesentlich mehr in den Fokus nehmen und darüber hinaus eine Konsolidierung des Berichtswesens oder die Harmonisierung der Risikoerhebungsprozesse anstreben.

Lückenhafte Unternehmenskultur als unsicheres Systemfundament

Die Studie zeigt außerdem fehlende Governance-Zieldefinitionen in der Unternehmenskultur. Mehr als ein Drittel der Befragten leitet seine Systemziele nicht aus den allgemeinen Organisationszielen ab. 57 % bestätigen nicht vollständig, dass es eine Revisions-, Compliance- oder Risikokultur in ihrer Institution gibt.

Laut Galioto wirft das die Frage auf, ob die Systeme ohne geeignete Zielsetzung überhaupt funktionieren können. „Die Kultur [ist] eine extrem wichtige Grundlage wirksamer Governance-Systeme. Wie sollen Mitarbeiter die Relevanz verinnerlichen, wenn Leitungs- und Aufsichtsorgane dies nicht vorleben und nicht kulturell verankern?“

Knappe Ressourcen und fehlende Kontrolle

Auch die Schwachstellen im Umgang mit den Governance-Systemen hat die Studie erfragt. Am schwersten wiegen „unzureichende zeitliche Kapazitäten“ mit 81 % und „unzureichende personelle Ausstattung“ (68 %). Interessant hingegen ist, dass die geringste Schwierigkeit die Beschaffung finanzieller Mittel ist (35 %).

„Ein erfolgsentscheidender Faktor sind zweifellos personelle Ressourcen – und zwar nicht nur quantitative, sondern auch qualitative“, schlussfolgert PwC-Partner Galioto. Corporate-Governance-Professor René Fahr ergänzt: „Fast die Hälfte der Befragten sagt, dass Stellenbesetzungen schwierig sind. Offensichtlich fehlen spezifisch ausgebildete Fachkräfte am Markt. Umso wichtiger sind interne Qualifikationsmaßnahmen und mitunter die Unterstützung von externen Experten.“

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Daniel Hübner

Vorstand

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